Die unendliche Geschichte...
Diese Geschichte ist keine Erfindung, wurde nicht in münchner Filmstudios gedreht und handelt keinesfalls von einem pubertierenden Jungen
der in einem Märchen die Hauptrolle spielt. Die Geschichte von Volkswagen scheint
dennoch ebenso den Titel „Die unendliche Geschichte“ tragen zu dürfen, denn kein
anderer Automobilhersteller auf dem Erdball erschuf
Fahrzeuge, die so beliebt waren (und auch heute noch sind). Ganze Familien,
ganze Stammbäume über Generationen hinweg schwören auf die soliden und praktischen Autos aus Wolfsburg.
Autos, die einfach mehr verkörperten, die anders waren und Massen in vielerlei Hinsicht bewegten. Diese Geschichte beginnt mit dem ersten Gedanken an einen Volkswagen.
Es begann damit, als am 11. Februar 1933 Adolf Hitler auf der Berliner
Automobilausstellung die Motorisierung des deutschen Volkes forderte. Es schwebte ihm
die Konstruktion eines Autos vor, das 100 km/h Dauergeschwindigkeit auf der
Autobahn halten kann, mit vier Sitzen auch für Familien geeignet ist, sparsam im
Verbrauch ist und vor allem unter 1000 Reichsmark (RM) kosten soll. Der Österreicher Ferdinand Porsche (Foto), der in Stuttgart ein eigenes
Konstruktionsbüro betrieb und zuvor bereits für verschiedene Unternehmen
arbeitete, bekam am 22. Juni 1934 vom Reichsverband der Deutschen
Automobilindustrie den Entwicklungsauftrag für den Bau eines Prototypen.
Die um die Beurteilung der Machbarkeit befragten deutschen Automobilfirmen
bezweifelten aber zu Recht die Realisierbarkeit des Volkswagen zu
Hitlers Wunschpreis von unter 1000 Reichsmark. Schon andere Fahrzeugkonzepte
zuvor, die bereits den Begriff Volkswagen nutzten, konnten aufgrund zu hoher
Materialkosten und, mangels rationeller Fertigungsmethoden, zu hoher
Produktionskosten nicht zu einem „volkstümlichen“ Preis angeboten werden. So
hatte an der oben erwähnten Automobilausstellung auch Josef Glanz einen
Volkswagen mit dem Namen Maikäfer präsentiert.
Da die Automobilindustrie an einer Subventionierung des Volkswagens kein
Interesse hatte, beauftragte Hitler die Deutsche Arbeitsfront (DAF) mit dem Bau
der größten Automobilfabrik Europas. Am 28. Mai 1937 wurde unter der Aufsicht
von Robert Ley, dem Leiter der DAF, die „Gesellschaft zur Vorbereitung des
Deutschen Volkswagens mbH“ gegründet. Ihr erstes und einziges Produkt sollte
der „KdF-Wagen“ (KdF = Kraft durch Freude) werden.
Als Fabrikstandort wurde die neu gegründete „Stadt des KdF-Wagens“. Sie
entstand, auf dem Reißbrett geplant, mehr oder weniger rein zufällig aufgrund
einer Bereisung durch den Geschäftsführer Bodo Lafferentz im ländlich geprägten
und dünn besiedelten Gebiet bei der Gemeinde Fallersleben sowie dem Schloss
Wolfsburg mit dem dortigen Schulenburgischen Gutshof. Dieser Standort im
Urstromtal der Aller in der geografischen Mitte des Reiches bot
verkehrsgünstige Anbindungen durch
- den Mittellandkanal
- die Autobahn von Berlin nach Hannover (heute Bundesautobahn 2)
- die Eisenbahnstrecke Berlin-Ruhrgebiet
- und die Nähe zur Industriestadt Salzgitter sowie zur Großstadt Braunschweig.
Zwar musste der Autobahnanschluss erst gebaut, eine Verbindung zur Eisenbahnhauptstrecke geschaffen werden und eine technische Infrastruktur (Elektrizität- und Wasserversorgung, Telekommunikation) hergestellt werden, aber der Standort war sehr vielversprechend. Das Volkswagenwerk in Wolfsburg sollte zur größten Automobilfabrik der Welt werden. Die Werksfläche nimmt heute eine Fläche vergleichbar mit der von Gibraltar ein. Allein die überdachte Hallenfläche ist ungefähr so groß wie das Fürstentum Monaco.
Da Ferdinand Porsche seinen Volkswagen in einer komplett neu erbauten Fabrik
produzieren konnte, war es ihm möglich, das Produkt und seine Produktionsanlagen
optimal aufeinander abzustimmen. So wurde die Zahl der zu pressenden Blechteile
durch eine optimierte Formgebung (möglichst große Einzelbleche) reduziert. Die
konsequente Fließbandfertigung orientierte sich an Beispielen von Ford in Detroit,
deren Produktionsmethoden Porsche auf einer USA-Reise studierte. Im Herbst 1939 war der Rohbau der Produktionshallen fertig und die ersten KFD-Wagen wurden produziert. Zu einer
planmäßigen Serienproduktion des VW-Käfer (150.000/Jahr) kam es aber nicht, da
aufgrund der Vorbereitung der Wirtschaft auf den Krieg Spezialwerkzeugmaschinen
fehlten. Der für die Produktion benötigte Stahl sollte größtenteils aus der
„Stadt der Hermann-Göring-Werke“ (Salzgitter) geliefert werden.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Volkswagenwerk auf die Produktion
von Rüstungsgütern, unter anderem auch die Vergeltungswaffe V1, umgestellt. Von
1940 bis 1945 mussten dazu etwa 20.000 Menschen im Volkswagenwerk Zwangsarbeit
leisten, darunter Kriegsgefangene und Insassen der Konzentrationslager. 1942
wurde eigens ein KZ Arbeitsdorf angelegt, bis im April 1945 US-Truppen das Werk
befreiten. VW baute in der Kriegszeit Fahrzeuge wie den „Kübel“ oder den
„Schwimmkübel“ (Foto). Diese Armee-tauglichen Fahrzeuge basierten auf dem Rahmen des
entworfenen Käfers. (Später richtete Volkswagen am 7. Juli 1998 einen privaten
Humanitären Fonds in Höhe von 20 Millionen DM ein, aus dem bis Ende 2001 über
2.000 Menschen in 26 Staaten eine Entschädigung erhielten. Volkswagen war damit
einer der Vorreiter in der deutschen Wirtschaft.)
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging die Zuständigkeit für das
Volkswagenwerk Mitte Juni 1945 auf die britische Militärregierung über. 1946
wurde der erste Käfer produziert, aber in den ersten Jahren nach dem zweiten
Weltkrieg war die Zukunft des Werkes sowie des "Käfers" ungewiss.
Erst danach erhielten das Unternehmen und seine Produkte offiziell die
Bezeichnung "Volkswagen". Sowohl eine Demontage des Werkes als auch
eine Weiterführung der Käferproduktion in anderen Ländern waren mögliche
Optionen. Unter anderem die britische Firma Humber sowie Ford waren zunächst am
VW-Werk interessiert. Aufgrund des schlechten Zustandes des Werkes, der Nähe
zur sowjetischen Besatzungszone sowie einer vernichtenden technischen Bewertung
des VW Käfers durch einen britischen Untersuchungsbericht verloren alle
Interessenten jedoch jegliches Interesse am VW-Werk. In besagtem
Untersuchungsbericht wurde der Käfer als eine nicht nachahmungswürdige
Konstruktion beurteilt, die angeblich nicht den Anforderungen genügte, die man
zur damalige Zeit an Kleinwagen stellen musste. Aus heutiger Sicht ist dieses
Urteil nicht nachvollziehbar, da vom VW Käfer mehr als 21 Millionen Exemplare
hergestellt wurden, die alle in ihrer Grundkonzeption dem Vorkriegsentwurf
entsprachen.
Sehr großen Einfluss auf die Entwicklung des Volkswagenwerkes in den ersten
Jahren nach dem 2. Weltkrieg hatte der britische Offizier Major Ivan Hirst (Foto).
Dieser sorgte zusammen mit dem deutschen Management dafür, dass die Produktion
wieder in Gang kam. Die deutsche Werksleitung bestand unter anderem aus dem
Berliner Industrieanwalt Hermann Münch, der zunächst als Treuhänder mit dem
Wiederaufbau des Werkes beauftragt wurde und nach der Ablösung von Rudolf
Brörmann am 17. Juni 1946 auch Generaldirektor sowie zum Haupttreuhänder
berufen wurde. Anfangs wurden noch Dienstfahrzeuge für die Besatzungsverwaltung produziert doch bald darauf schon die ersten zivilen Fahrzeuge hergestellt
und auf Initiative von Hirst ein weltweites Kundendienst- und Vertriebssystem aufgebaut. Hirsts Engagement erzielte eine bessere Qualität und die Produktionskapazitäten konnten gesteigert werden. Hirst
empfahl schließlich den Techniker Heinrich Nordhoff als Nachfolger Münchs einzusetzen. 1948 wurde der ehemalige Opel-Angestellte Nordhoff
Generaldirektor unter dessen Leitung dann im Jahr 1955 in Wolfsburg die Fertigstellung des einmillionsten
Volkswagens gefeiert wurde. (Foto)
Im Jahre 1965 übernimmt die Volkswagen AG die Auto Union GmbH von Daimler-Benz. Das Unternehmen mit Sitz in Ingolstadt sichert den Wolfsburgern neue Technologien, wie die Wasserkühlung im Motorenbau und den Frontantrieb. Unter dem Markennamen „Audi“ hat Volkswagen erstmals eine zweite Konzernmarke im Angebot, in die 1969 das Unternehmen NSU integriert wird. Mit dem von NSU entwickelten K70 bringt Volkswagen erstmals ein Fahrzeug mit Frontmotor, Frontantrieb und Wasserkühlung auf den Markt und markiert damit einen Umbruch in der VW-Geschichte die später maßgebend für das Ende der bisherigen Produktpalette ist.
1972 sind 192.100 Mitarbeiter bei Volkswagen beschäftigt und erwirtschaften
einen Jahresumsatz von 16 Milliarden DM. Volkswagen wird 1972
Produktionsweltmeister: Mit 15.007.034 montierten Wagen löst der VW Käfer den
bis dato gültigen Produktionsrekord des Anfang des 20. Jahrhunderts von der
Ford Motor Company gebauten T-Modells ab. Volkswagen ist spätestens jetzt weltweit bekannt und beliebt.
Trotz des großen Erfolges des Käfers neigten sich dessen Glanzzeiten dem Ende zu. Die Käfer-Produktion brach langsam ein, die glücklosen abgeleiteten Heckmotormodelle konnten keinen Ausgleich bieten. Als Retter in der Not erwies sich die 1964 zugekaufte Audi NSU Auto Union AG: Mit Rückgriff auf Audi-Komponenten gelang es in kürzester Zeit, ein modernes, attraktives Modellprogramm auf die Beine zu stellen. Der erste Vertreter dieser neuen wassergekühlten Modelle war der Passat. Er geht im Mai 1973 in Produktion, im Januar 1974 folgt der Golf, der sich danach schnell zum Verkaufsschlager entwickelt. Annähernd in der gleichen Zeit wurde die Produktion des Erfolgsmodells "Käfer" aus Kostengründen nach Mexiko verlagert, wo unser Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders unter dem Namen "Vocho" bis 2003 gebaut wurde.
Wer schon mal bei einer Tasse Kaffee in Fotoalben seiner Eltern oder Großeltern
gestöbert hat, dürfte oft auf
Bilder gestoßen sein die automobile Highlights zeigen. Oftmals wusste man gar
nicht, dass der eigene Vater oder Großvater einen luftgekühlten Wolfsburger gefahren hat. Man ist begeistert, überrascht und giert nach Geschichten aus der Zeit -
vielleicht ist ja das gute alte Stück noch im Familienbesitz und wartet unter einer Plane in
einer
Scheune sehnsüchtig darauf aus dem langen "Dornröschenschlaf" zu erwachen. Ich erinnere mich gerne
an
das Gespräch zwischen meinem Opa und mir, als ich von seinem Käfer erfahren habe.
Ich
konnte den funkelnden Augen meines Opas entnehmen, dass er seinen Käfer
wirklich
mochte und stolz darauf war, sich zur damaligen Zeit einen Käfer leisten zu
können. Je mehr ich seinen Erzählungen über das damalige Leben um 1950
lauschte,
wurde mir bewusst, dass ein alter Volkswagen mehr ist als ein altes Auto.
Alte Volkswagen erzählen leise Geschichten aus unserer Vergangenheit. Sie tragen Erinnerungen der Vorbesitzer mit sich und rufen überall auf der Welt solche hervor, wenn man sie an sich vorbeihuschen sieht. Manchmal muss man noch nicht einmal hinsehen um von diesem unvergleichlichen Charme gefesselt zu werden - das typisch surrende Geräusch des Volkswagen Boxermotors ist in vielen uns tief verankert und lässt unsere Herzen sofort höher schlagen...wenn auch aus anatomischen Gründen nicht in der boxer-üblichen Zündfolge 1-4-3-2.
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representing deutschland since 2009
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